Wandern oder Pilgern?

Unterwegs in Südfrankreich
In Südfrankreich zwischen Aroue und Ostabat-Asme

Ich bin in 3 1/2 Monaten zu Fuß von Basel nach Santiago de Compostela gelaufen. Bin ich eigentlich gewandert oder gepilgert?

Viele Menschen sehnen sich danach, aus ihrem Alltagsleben auszubrechen, das ewig Gleiche hinter sich zu lassen und nach neuen Wegen zu suchen. Auch den Sinn des Lebens zu finden steht auf ihrer Wunschliste. Solche Sehnsüchte sind die Triebfedern der Menschen, die pilgern gehen, und das waren/sind auch meine.

Das Wort ‚pilgern’ hat seinen Ursprung im lateinischen ‘pergere/per agere’. Das kann übersetzt werden mit ‚über den eigenen Acker hinausgehen’ oder ‚in der Fremde sein’. Eine Pilgerin/ein Pilger verlässt also den eigenen Acker/die eigene Lebenswelt; sie/er begibt sich in die Fremde. In der Regel geht die längere Fussreise zu einer religiös verehrten Stätte, wie z.B. nach Jerusalem (die Stadt Jesu), nach Rom (die Stadt der Apostel Petrus und Paulus) oder nach Santiago de Compostela (die Stadt von Jakobus dem Älteren). Beim Pilgern sind die Wege zu diesen Stätten genauso wichtig wie die Stätte selbst.

Pilgern schafft Platz im Kopf für neue Gedanken, Ideen und Ziele. Das bewusste Schritt-für-Schritt Vorwärtsgehen, das ganz nah bei-sich-Sein in der Natur führt zum Ich. Manche Menschen erfahren erst beim Pilgern, wieviel Wille und Kraft in ihnen steckt. Das hilft ganz besonders, wenn zu Hause Probleme warten, die bewältigt werden müssen.

Ganz klar bin ich bis Spanien gewandert, aber mein Wandern hatte auch spirituelle und religiöse Aspekte und wurde somit zum Pilgern.


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